Mobilbetrieb über den geostationären Satelliten Es’hail-2
LoRa-APRS via QO-100
1. Beginn und Linkbudget
Am 14. Februar 2019 wurde der erste geostationäre Satellit mit Amateurfunknutzlast offiziell für den allgemeinen Funkbetrieb freigegeben. Schon zwei Tage zuvor erfolgte die Freigabe der Transponder zu Testzwecken. Bereits am darauffolgenden Abend war ich als einer der ersten österreichischen Funkamateure auf dem Schmalband-Transponder QRV. Zu diesem Zeitpunkt war der Aufbau meiner Uplink-Station noch sehr experimentell. Mein FT-817 über ein Dämpfungsglied an einen Mischer angeschlossen, welcher den LO von einem Frequenzgenerator erhielt. Die 2,4 GHz Ausgangsseite über ein Bandpassfilter gelegt, weiter über eine Endstufe an die Uplinkantenne (WLAN-Gitterspiegel) und schon konnten die ersten QSOs gefahren werden. Von Beginn an faszinierte mich, wie wenig Leistung nötig war um den Satelliten zu arbeiten. So konnte ein CW Signal noch vernommen werden, wenn ich nur 1 W effektive Strahlungsleistung in linearer Polarisation verwendete. Da die Empfangsantenne am Satelliten zirkular polarisiert ist, wäre also nur 0,5 W Strahlungsleistung mit einer ebensolchen Antenne nötig. Am oben beschriebenen Gitterspiegel entsprach dies gerade mal einer Antenneneingangsleistung von ca. 13 Milliwatt. Es zeigte sich also, dass der Satellit durchaus eine Spielwiese für Kleinleistungsanwendungen werden könnte.
Wenig später, genauer gesagt bei einem Flohmarktbesuch als mich Om Wolfgang, OE3WHU auf die Idee brachte, packte mich der Ehrgeiz selbst einen Transverter für das 13 cm Band zu konstruieren und zu bauen. So vergingen einige Monate mit Konzept überlegen, verändern, Versuche anstellen, wieder etwas verändern, Material beschaffen auf diversen Flohmärkten und im Internet bis dann im November mein Transverter endlich fertig war.
Bild 1: Transverter vom 70cm Band auf das 13cm
Band
Parallel zur Entwicklung und zum Aufbau des Transverters begann ich mich mit der Frage zu beschäftigen, ob es nicht möglich wäre mit 20 W Sendeleistung Mobilbetrieb über QO-100 zu machen. Speziell interessierte mich die Frage, ob man mit LoRa-APRS über Satellit nicht eine europaweite (und darüber natürlich noch hinausgehende) Abdeckung zusätzlich zum terrestrischen LoRa-APRS Netz schaffen könnte.
Grundlage für diese Überlegung war ein überschlagsmäßig berechnetes Linkbudget. Dazu habe ich einige Messungen durchgeführt. Mit ca. 600 W effektiver Strahlungsleistung (EIRP) im Uplink erreichte ich ein SNR von 18 dB in einer Auflösungsbandbreite von 1 kHz. Unter Berücksichtigung der LoRa Bandbreite von 125 kHz (derzeit verwendete Konfiguration für LoRa-APRS) und dem damit verbundenen Anstieg des Rauschpegels um ziemlich genau 21 dB, sowie der LoRa Empfindlichkeitsgrenze von -20 dB SNR, ebenfalls bezogen auf die LoRa-APRS Konfiguration, würde also mindestens eine effektive Strahlungsleistung von 12 Watt benötigt werden. Unter Annahme eines Antennengewinns von etwa 0 dBi in 34 Grad Elevation (mehr habe ich einem Sperrtopfdipol vor der Simulation mit EZNEC, welche später noch beschrieben wird, nicht zugetraut) wäre also 20W Ausgangsleistung mit nicht allzu viel Kabeldämpfung gerade ausreichend um meine LoRa-APRS Aussendungen über QO-100 zu bringen.
2. Aufbau des Sendegerätes
Zum Zwecke der Erprobung dieser Überlegungen erhielt der Transverter neben einem Funkgeräteanschluss, an dem mit bis zu 1 W Eingangsleistung auf 70 cm gearbeitet werden kann, auch einen Low-Level Eingang der mit ca. 10 dBm Vollaussteuerung des Transverters realisiert. Da der Transverter selbst nur maximal 4 W Ausgangsleistung liefern kann und mir diese Leistung aufgrund des Linkbudgets zu gering erschien um tatsächlich im Mobilbetrieb mit einer einfachen Rundstrahlantenne das Signal über den Satelliten zu bringen, habe ich mir die bereits vielfach verwendete 13 cm Endstufe von sg-labs zugelegt, welche mit 0,5 W Steuerleistung eine Ausgangsleistung von 20 W liefert.
Der fertige Transverterkasten besteht nun also aus einem Anschluss für das 70 cm Funkgerät, welches sowohl in Sende- als auch Empfangsrichtung funktioniert (für den terrestrischen Betrieb zum Beispiel im Kontest oder auch via dem 13 cm Relais am Wienerberg OE1XKU), einem Anschluss für einen Transmitter mit sehr kleiner Leistung unter 10 mW, einem Lokaloszillatoreingang und dem 2,4 GHz Ausgang.
Komponenten im Inneren: Ein Zirkulator (Flohmarktware, dient mir in Senderichtung als Dämpfungsglied und lässt in Empfangsrichtung durch), ein Combiner für den Funkgeräte- und Low-Level Eingang, Sendemischer, SAW-Filter, Verstärkerstufen und WLAN-Endstufe sind die Komponenten in Senderichtung. In Empfangsrichtung habe ich die WLAN Endstufe derart modifiziert, dass ich das Empfangssignal über einen eigenen SMA-Anschluss herausführe, dem Empfangsmischer zuführe und über den Zirkulator in Durchgangsrichtung das 70 cm Signal zum Funkgerät wieder auskopple. Der LO wird über einen Puffer-Verstärker und einen Teiler geführt, von wo das LO-Signal sowohl dem Sende- als auch Empfangsmischer zugeführt wird.
Neben der bereits beschriebenen
Modifikation der WLAN-Endstufe um den eigenen RX-Ausgang habe ich diese auch
noch in der Umschaltung modifiziert, also verlangsamt, damit ein sauberes SSB
Signal gesendet werden kann und auch das PTT Signal hochohmig auf den
HF-Ausgang gekoppelt, damit die abgesetzt betriebene Endstufe über die
Koaxleitung ferngesteuert geschalten werden kann.
Damit war die Konfiguration für den mobilen LoRa-APRS Transmitter fertig:
Bild 2: LoRa-APRS Ausrüstung zur Aussendung auf 2,4 GHz
Zur Erklärung des Bildes: Links ist die eingebaute Endstufe hinter dem Kühlkörper versteckt, weiters im Gehäuse ein DC/DC-Wandler von KFZ Bordnetz auf 28 V und Bias-T zum Abgriff der Steuerspannung zur PTT Umschaltung durch den Transverter über das Koaxkabel. Auf dem Transverter rechts im Bild liegt links der LoRa-APRS Tracker und rechts davon der RF Signal Generator welcher die LO-Frequenz zum Hochmischen auf 2,4 GHz erzeugt.
3. Antennenanlage
Bevor es nun in den Satellitenbetrieb ging, habe ich erst einmal das Konzept terrestrisch auf 2,4 GHz getestet. Dazu habe ich die recht lange Rundstrahlantenne, welche laut Internetangaben 12 dBi Gewinn haben soll, diese liegt im obigen Foto zwischen Transverter und Endstufe, auf einem Magnetfuß (alles aus dem Bereich der WLAN-Bastelgemeinde) verwendet um meine Signale daheim mit einem zweiten 2,4 GHz Transverter wieder auf 70 cm zu wandeln und meinem LoRa Empfangsgateway zuzuführen. Die Empfangsantenne daheim war in diesem Fall eine Panel-Antenne, welche auf das 13 cm FM Relais am Wienerberg ausgerichtet ist, welches ja auch in meiner Obhut ist. Damit konnten meine Signale vom südlichen Wiener Stadtrand bis nach Hause in Münchendorf über etwa 15 km Entfernung empfangen werden.
LoRa auf 2,4 GHz war also geglückt. Nun ging es
daran den Satellitenbetrieb zu realisieren. Hierfür ist natürlich eine ganz
andere Antenne nötig als für den terrestrischen Betrieb. Während ich für
terrestrischen Betrieb eine absichtlich stark in der Ebene bündelnde Antenne
verwendete, um möglichst viel effektive Strahlungsleistung vom Sender zum
Empfänger ohne Elevation zu bringen, muss die Antenne für Satellitenbetrieb
natürlich eher nach oben als in der Ebene strahlen. In unseren Breiten beträgt
der Elevationswinkel zu QO-100 etwa 34°. Eine einfache Sperrtopfantenne über
einer großen Massefläche (Autodach), strahlt einen nicht unbeträchtlichen
Anteil relativ steil ab und erschien mir dafür eine gute Lösung. Auch hier
wurde ich wieder im WLAN Bereich fündig und so schraubte ich diese kleine WLAN
Antenne auf den Magnetfuß anstelle der langen vertikalen Antenne, wie auf dem
Foto auf der Folgeseite zu sehen.
Bild 3: kleine WLAN Antenne auf dem Magnetfuß am Autodach
Damit konnte es nun also losgehen. Meine ersten Versuche machte ich noch über den Schmalbandtransponder, da dieser höhere Signalpegel bzw. Signal-/Rauschabstände liefert, zumindest an meiner relativ kleinen 60cm Offset-Empfangsantenne. Die ersten Versuche zeigten ein recht interessantes Verhalten. Auf dem Foto ist es nicht gut zu erkennen, aber die Magnetfußantenne steht nicht in der Mitte des Autodaches. Dies ist dem recht kurzen Koaxkabel geschuldet, welches ich jedoch absichtlich genommen habe, um nicht zu hohe Kabeldämpfung in mein Sendesystem zu bringen. Schon das ca. 1,5 m lange Kabel hat bereits 3 dB Dämpfung, also kommt ohnehin nur noch die Hälfte der erzeugten Leistung tatsächlich an die Antenne.
Es zeigte sich, dass in Fahrtrichtung Norden
bzw. Westen die Signale deutlich besser ankamen als wenn ich Richtung Süden
oder Osten fuhr. Da die Antenne links, hinten auf dem Autodach platziert ist,
also deutlich mehr Massefläche in Abstrahlrichtung vorhanden ist, wenn ich
Richtung Süden oder Osten fahre, erwartete ich in diese Richtungen eher bessere
Ergebnisse. Genau das Gegenteil war aber der Fall. Bei Fahrtrichtung Norden
oder Westen erzielte ich LoRa-SNR Angaben von rund -15dB. In den anderen
Fahrtrichtungen jedoch lagen die SNR-Werte selten über -20 dB bzw. wurden oft
Pakete gar nicht mehr dekodiert, da das SNR schon zu schlecht war. Da ein
Autodach natürlich niemals komplett flach ist, hatte die Antenne aufgrund ihrer
nicht dachmittigen Position auch einen Tilt-Winkel von etwa 3 Grad sowohl nach
Links als auch nach Hinten. In diese Richtungen war also die Elevation von der
Antenne aus betrachtet um etwa 6 Grad größer als in die Gegenrichtung. Wiederum
war ich überrascht, dass bei höheren Elevationswinkeln die Abstrahlung offenbar
besser funktionierte als bei kleineren Elevationswinkeln.
Um diesen Effekt besser zu verstehen versuchte ich die Antennenkonfiguration mit EZNEC zu simulieren. Sehr vereinfacht war mein EZNEC Modell ein Halbwellendipol mit 6 cm Länge und dem Phasenzentrum 7 cm über einer unendlichen Massefläche angeordnet. Dabei ergab sich folgendes Simulationsergebnis:
Bild 4: Strahlungsdiagramm der Simulation in EZNEC
In Bild 4 ist der Marker bei 31° Elevation gesetzt. Dies entspricht der Abstrahlung über die größere Massefläche mit der um 3° nach Hinten geneigten Antenne. Hierbei sieht man, dass bei höheren Elevationswinkeln deutlich besser abgestrahlt wird. Der Marker bei 31 Grad liegt ca. 5 dB niedriger als der Gewinn bei 37 Grad Elevation beträgt. Dies entspricht sehr genau dem praktischen Ergebnis, welches ich zuvor beschrieben habe.
Nun begann ich die Antennenkonfiguration in EZNEC zu verändern, um bessere Charakteristik in den benötigten Elevationswinkeln zu erreichen. Obiges Diagramm zeigt den höchsten Gewinn (abgesehen von der Abstrahlung in der Ebene) bei knapp über 45 Grad. Diese Elevation würde man in Süditalien benötigen, nicht jedoch bei uns in Österreich. Wie bereits oben beschrieben ist die Elevation bei uns etwa 34 Grad. Wie zu erwarten sinkt der Elevationswinkel für die beste Abstrahlung mit steigender Antennenhöhe über der Massefläche. In der Simulation zeigte sich, dass eine um 3cm erhöhte Antennenmontage optimale Ergebnisse liefern würde.
Nun
suchte ich nach Möglichkeiten, die Antennenhöhe über dem Autodach zu
vergrößern. Am Einfachsten erschien es mir zwei Adapter zwischen die Antenne
und den Fuß zu schrauben. Das Ergebnis war eine um 2,5 cm „höhergelegte“
Antenne. Während Autoschrauber gerne Ihre Fahrzeuge tiefer legen, mache ich das
Gegenteil mit meiner Antenne hi.
Bild 5: Antenne mit 2 Adaptern um 2,5 cm erhöht
2,5 cm Erhöhung ist zwar nahe an der optimalen Konfiguration, jedoch wollte ich es genau wissen und habe auch diese Konfiguration wieder mit EZNEC simuliert.
Bild 6: Simulation der um 2,5 cm „höhergelegten“
Antenne
In der Simulation zeigte sich, dass nun bei 37 Grad Elevation der Maximale Gewinn erreicht wird, bei 31 Grad Elevation jedoch nur ca. 1 dB weniger. Absolut liegt der Gewinn der höheren Antenne in der Simulation nun bei 37 Grad um ca. 4 dB höher als bei der Originalkonfiguration, bei 31 Grad sogar um fast 9 dB höher als zuvor.
In der Praxis zeigte sich, dass diese Werte nicht ganz erreicht werden, das Autodach ist doch keine unendlich große Massefläche, trotzdem waren nun in Fahrtrichtung Norden und Westen -12 dB SNR drinnen, also 3 dB mehr als vor der Anhebung der Antenne und auch in Fahrtrichtung Osten und Süden nur etwa 1 bis 2 dB weniger als in die Gegenrichtung. Alles in allem passte die Simulation sehr gut mit der Praxis zusammen und die Veränderung der Antenne war ein voller Erfolg.
4. Ergebnisse im praktischen Betrieb
Da der Schmalbandtransponder, wie der Name schon sagt, nicht für breitbandige Anwendungen vorgesehen ist und auch zu betriebsstarken Zeiten (beispielsweise Samstag am Nachmittag) der Radio Signal Strength Indicator (RSSI) meiner Empfangsstation aufgrund des belebten Transponders anstieg und damit mein SNR sank, war der nächste Schritt auf den Breitbandtransponder zu wechseln.
Die Uplinkfrequenz wählte ich folgendermaßen:
433,775 MHz (LoRa-APRS 70cm Frequenz) + 1967,800 MHz (Lokaloszillator) = 2401,575 MHz.
Die Downlinkfrequenz am Breitbandtransponder ergab sich damit zu 10491,075 MHz.
Damit lag ich am untersten Ende des Transponderpassbandes und sozusagen im Guardband der 2 MS/s DVB-S2 DATV Bake des Satelliten.
Die Ergebnisse waren wie erwartet um etwa 3 dB schlechtere SNR Werte, jedoch immer noch völlig ausreichend für den Praxisbetrieb.
Bild 7: APRS Spur via QO-100 bei der Heimfahrt vom Semmering nach Münchendorf
Bei freier Sicht zum Himmel (Autobahn- bzw. Überlandfahrt in ebenem Gelände) wird nahezu jedes ausgesendete Paket empfangen und dargestellt. Auf der S6 in der Nähe des Semmerings, wo man auch teilweise im Tal zwischen markanten Erhebungen fährt, ist man recht oft abgeschattet in Richtung Süden.
Bild 8: APRS Spur innerstädtisch
Selbst innerstädtisch ist die Coverage brauchbar. Sehr schön sieht man, dass in Straßenzügen, welche nach Süden offen sind, die Positionen zuverlässig abgesetzt werden können, während dies bei Straßen in Ost-West Ausrichtung nur sehr selten der Fall ist, weil man klarerweise die meiste Zeit durch Häuser abgeschattet ist.
Übrigens ließ ich es mir auch nicht nehmen einmal mein FT-817 an den zweiten Eingang des Transverters anzuschließen, um den Versuch zu wagen in der gleichen Antennenkonfiguration ein SSB-QSO über den Schmalbandtransponder zu führen. Tatsächlich gelang mir im Standmobilbetrieb ein QSO mit einer deutschen Station. Mein Signal war zwar nur ganz knapp über dem Rauschen und dementsprechend schwer zu vernehmen, aber für Mobilbetrieb war das schon ein wirklich tolles Ergebnis. Für den Downlink wählte ich in diesem Fall den WEB-SDR am Smartphone. Witzigerweise begann dabei meine Aussendung auf 2,4 GHz im Uplink zu QO-100 (mal vom FT-817 auf 70 cm abgesehen, dessen Signal ja nicht abgestrahlt wurde) und endete auch wieder auf 2,4 GHz bei der Übertragung vom Smartphone zur Bluetooth Freisprecheinrichtung.
5. Fazit
Alles in
Allem zeigte mein Versuch, dass LoRa-APRS über QO-100 mit relativ einfachen
Mitteln realisierbar ist. Ich möchte jedoch festhalten, dass ich weder plane
eine permanente Bodenstation für den Empfang zu installieren, noch mit meinem
obigen Berechnungsbeispiel eine Frequenz für diese Anwendung definieren möchte.
Sollte mein Versuch tatsächlich in einen permanenten Use-Case münden (was mich
sehr freuen und ehren würde und ich mir für diverse Situationen wo eine terrestrische
Netzabdeckung nicht realisierbar ist, auch als sehr nützlich vorstellen könnte)
müsste dies natürlich in Abstimmung mit dem Satellitenbetreiber geschehen,
damit ein 125 kHz Frequenzsegment für diese Anwendung reserviert werden könnte.
Mit besten 73 de Andreas, OE3DMB
Mit besten Dank an OE3DMB